Neue Allianzen für Nachhaltigkeit­politik

Neue Allianzen für Nachhaltigkeit­politik

Eine Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen, dass die Zielen der nachhaltigen Entwicklung in Wechselwirkungen zueinander stehen. Es bedarf daher einer integrierten Nachhaltigkeitspolitik.

Wissenschaftliche Untersuchungen zur Agenda 2030 und ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung zeigen deutlich die Vielzahl von Wechselwirkungen zwischen ökologischen, sozialen und ökonomischen Zielen. Dabei können nur wenige grundsätzliche Zusammenhänge wissenschaftlich gesichert belegt werden. Einzelne Klimaschutzmaßnahmen können z. B. negative Auswirkungen auf andere Ziele der Nachhaltigkeit haben, aber ein erfolgreicher Klimaschutz ist notwendig, um die Erreichung aller anderen Ziele überhaupt möglich zu machen. Weltweit gibt es außerdem bereits heute gute Beispiele für sorgfältig gestaltete Maßnahmen und Instrumente des Klimaschutzes, die gleichzeitig positive Effekte auf die Verbesserung von Lebensumständen und gleichwertige Lebensverhältnisse haben.[1]

Co-Benefits oder multiple benefits

Werden die Ziele der nachhaltigen Entwicklung als Ziele der menschlichen Bedürfnisdeckung betrachtet, dann ist die Suche nach geeigneten Maßnahmen die Suche nach geeigneten „Bedürfnisdeckern“. Gemeint sind damit Maßnahmen und Instrumente, die in ihrer Wirkung entweder gleich mehrere menschliche Bedürfnisse auf einmal befriedigen – z. B. Fahrradverkehrsförderung als klimafreundliche und gesundheitsfördernde Mobilitätsform – und daher besonders erstrebenswert sind. Diese Maßnahmen oftmals auch mit den Begriffen co-benefits oder multiple benefits diskutiert.

Oder es sind solche Maßnahmen gemeint, die zwar nur ein einzelnes Bedürfnis befriedigen, aber keine negativen Auswirkungen auf die Deckung weiterer Bedürfnisse haben – z. B. kostenfreie Schulessen als soziale Transferleistung.[2]

„Silos“ müssen überwunden werden

Die vorausschauende Identifikation potenzieller Zielkonflikte, vor allem aber die Suche nach synergetischen Bedürfnisdeckern erfordert ein integriertes Politikverständnis und die Überwindung der fachlichen bzw. Ressort-Silos – in der Exekutiven wie auch bei den Interessensvertretungen. Eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamts hat daher untersucht, unter welchen Bedingungen und in welcher Form es Raum für „neue Allianzen“ im Kontext der Nachhaltigkeitspolitik gibt. Unter anderem seien für eine integrierende Nachhaltigkeitspolitik Austauschformate und Netzwerke wesentlich, bei denen die unterschiedlichen Interessensgruppen am Tisch sitzen. Vor allem gelte es jedoch ko-kreative Ansätze der Politikgestaltung zu entwickeln, deren Zielsetzung keine ex-post Akzeptanz bereits entwickelter Maßnahmen, sondern eine ex-ante Einbeziehung möglichst aller Interessengruppen sei.[3]

Michaela Roelfes, Senior Researcherin
im Forschungsbereich Stadtwandel

Fußnoten

  1. Lamb, William F. et al. (2020): „What are the social outcomes of climate policies? A systematic map and review of the ex-post literature“, in: Environmental Research Letters, Vol. 15, 11306, online unter: https://doi.org/10.1088/1748-9326/abc11f (zuletzt aufgerufen am 21.12.2021).
  2. Bohnenberger, Katharina et al. (2021): Die Vertretung ökologischer Interessen in der Sozialpolitik: Konflikt oder Kooperationspotenzial in einer Transformation zur Nachhaltigkeit“, in: Zeitschrift für Sozialreform, Vol. 67(2), S. 89-121, online unter: https://doi.org/10.1515/zsr-2021-0004 (zuletzt aufgerufen am 21.12.2021).
  3. Sharp, Helen et al. (2020): „Neue Allianzen für sozial-ökologische Transformationen“, Umweltbundesamt, online unter: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/5750/publikationen/neue_allianzen_fuer_sozial-oekologische_transformationen.pdf (zuletzt aufgerufen am 21.12.2021).