Kosten der Umsetzungslücken beim Klimaschutz
Die Kosten-Nutzenrechnung von Klimaschutz ist wissenschaftlich nicht trivial, denn sowohl die Berechnung der monetären Kosten von Klimaschutz, als auch der globalen Erwärmung und ihrer Folgen unterliegen hohen Unsicherheiten.
730 Milliarden Euro
Schäden durch den Klimawandel
erwartet beispielsweise Deloitte in den nächsten 50 Jahren bei ineffektiver Klimapolitik für Deutschland.
Eine aktuelle Studie [1] geht davon aus, dass die gesellschaftlichen Kosten von CO2- Emissionen („social costs of CO2“ = SCCO2) aufgrund vereinfachter und unvollständiger Annahmen in bisher verwendeten Modellen unterschätzt wurden. Es sind insbesondere unvorhersehbare Extrem-wetterereignisse und das Auftreten wissenschaftlich noch nicht valide greifbarer, ökonomischer Rückkopplungsschleifen, die den Wissenschaftler*innen Sorgen bereiten. Die Klima-forschung weiß schon lange, dass die direkten Folgen der globalen Erwärmung – und damit auch ihre direkten gesellschaftlichen Kosten – im Globalen Süden wesentlich schwerwiegender sein werden.[2] Der Umfang und die geografische Verteilung der indirekten sozialen und ökonomischen Kosten, wie zum Beispiel die gesundheitlichen Auswirkungen von Hitzewellen und die oben erwähnten Rückkoppelungsschleifen in der Wirtschaft, ist dagegen für den Globalen Norden und damit auch für das Bundesland Nordrhein-Westfalen mit hoher Unsicherheit verbunden.
Transformation vs. Disruption
In einem eindrucksvollen Vergleich zeigt das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW Köln) am Beispiel der Covid-19 Pandemie, welche Kosten maximal disruptive Ereignisse – wie sie auch durch das Erreichen von Kipppunkten beim Klimawandel entstehen würden – im Vergleich zu den Kosten gezielter Transformationsinvestitionen haben können: „Den absoluten Einsparungen von 71 Millionen Tonnen CO2 steht ein Rückgang des BIP von 117 Milliarden Euro gegenüber“.[3] Daraus werden CO2-Vermeidungskosten von rund 1.645 Euro pro Tonne für den Lockdown abgeleitet. Demgegenüber stünden wesentlich geringere CO2-Vermeidungskosten von unter 100 Euro pro Tonne für viele der bereits verfügbaren Klimaschutztechnologien.
Nicht nur Kosten, sondern Chancen
Investitionen in den Klimaschutz sollten neben der Schadensvermeidung auch vor dem Hintergrund ihrer mittel- und langfristigen Effekte auf den Wohlstand und das Bruttoinlandsprodukt bewertet werden. So manifestieren sich die weltweit zugesagten Verschärfungen der Klimaschutzziele, im Rahmen der ver- gangenen UN-Klimakonferenz („COP26“), in einer tendenziell positiven Bewertung der zukünftigen Absatzchancen klima- freundlicher Produkte und Dienstleistungen durch deutsche Unternehmen. Eine Studie von Deloitte aus dem Jahr 2021 kommt sogar zu dem Schluss, dass Deutschland „eine der ersten Regionen in Europa sein“ wird, die von den wirtschaftlichen Vorteilen ambitionierter Klimaschutzmaßnahmen profitieren kann, wenn es sich „frühzeitig dafür entschieden hat“.[4]
Michaela Roelfes, Senior Researcherin
im Forschungsbereich Stadtwandel
Dr. Sascha Samadi, Senior Researcher
im Forschungsbereich Sektoren und Technologien
- Kikstra, Jarmo S. et al. (2021): „Social costs of carbon dioxide under climate-economy feedbacks and temperature variability”, in: Environmental Research Letters, Vol. 16, online unter: https://doi.org/10.1088/1748-9326/ac1d0b (zuletzt aufgerufen am 09.11.2021).
- Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC, 2021): Annex I: Global to Regional Atlas. Climate Change 2022. Impacts, Adaptation and Vulnerability, online unter: https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg2/downloads/report/IPCC_AR6_WGII_Annex-I.pdf (zuletzt aufgerufen am 30.03.2022).
- Fischer, Andreas und Sarah Fluchs (2021): „Investitionen in den Klimaschutz: Die Kosten des Wartens“, IW-Kurzbericht 46/2021, S. 3, online unter: https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Kurzberichte/PDF/2021/IW-Kurzbericht_2021-Kosten-des-Wartens.pdf (zuletzt aufgerufen am 21.12.2021).
- Deloitte (2021): Der Wendepunkt – Wie Deutschland vom Kampf gegen den Klimawandel profitieren kann, online unter: https://www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/global/Documents/gx-tp-executive-summary-germany.pdf (zuletzt aufgerufen am 14.01.2022).