
Grenzen technologischer Lösungen für die Kreislaufwirtschaft
Technologien spielen eine wichtige Rolle bei der Etablierung einer Kreislaufwirtschaft. Es bedarf allerdings einer umfassenden Einbettung in kulturelle, rechtliche und organisatorische Rahmenprozesse, damit sie einen wirkungsvollen Beitrag zu den ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitszielen leisten können.

Foto von Jason Goodman auf Unspash
Technologische Innovationen können zur Gestaltung langlebiger Produkte und zur Förderung des Recyclings beitragen. Das Vorhaben, mit neuen und gezielt eingesetzten Technologien allein eine zirkuläre Wende zu vollbringen, würde jedoch an mehreren Faktoren scheitern. Beispielhaft seien hier mögliche Rebound-Effekte und strukturelle Hürden genannt.
Herausforderungen durch Rebound-Effekte
Rebound-Effekte entstehen, wenn Effizienzsteigerungen, die eigentlich Ressourceneinsparungen bringen sollten, zu einem erhöhten Konsum führen und somit die positiven Effekte zunichtemachen. Ein Beispiel hierfür ist die durch den Einsatz von Technologien optimierte Abfallsortierung: Alleine das Bewusstsein, dass die Wertstoffe dadurch weiter verwendet werden können, kann dazu führen, dass Akteure wie Unternehmen oder Enverbraucher*innen weniger motiviert sind, Abfälle primär zu vermeiden. Die Vermeidung hätte jedoch einen größeren ökologischen Nutzen. Werden hingegen technologische Ansätze mit Verhaltensänderungen bei den Nutzenden und neuen Geschäftsmodellen gekoppelt, kann das volle Potenzial technologischer Neuerungen richtig zur Geltung kommen – z.B., indem Kund*innen Produkte leihen, länger nutzen, reparieren und nach Nutzungsende zurückgeben, um Komponenten und Rohstoffe wieder in den Kreislauf zu bringen.
170 Mrd. €
ist die potenzielle Höhe des durch zirkuläre Maßnahmen freiwerdenden Einkommens
In der Studie “Modell Deutschland Circular Economy” kalkulieren die vom WWF beauftragten Forscher*innen mit umfassenden Maßnahmen zur Förderung der Circular Economy in Deutschland in neun Sektoren, durch die 170 Mrd € Einkommen frei werden könnten – Einkommen, das z.B. gespart oder in Dienstleistungen mit geringen Umweltwirkungen ausgegeben werden könnte oder aber in zusätzlichen Konsum fließen und damit beachtliche Rebound-Effekte auslösen könnte.[1]
Strukturelle Hürden für Technologieeinführung
Der Einsatz neuer Technologien ist außerdem mit hohen Investitionen verbunden und stellt für einzelne Unternehmen ein finanzielles Risiko dar. Schließen sie sich kooperativ zusammen, unterliegen sie sehr schnell den (zu Recht) strengen Auflagen des Kartellrechts.[2] Überhaupt ist ein derart kooperativer Ansatz bisher noch längst nicht für alle Unternehmen denkbar, da sie bisher noch der Kultur des Wettbewerbs unterliegen – hier ist daher auch eine Veränderung des unternehmerischen Mindsets notwendig. Derartige strukturelle Hürden, etwa im Hinblick auf finanzielle, organisatorische, kulturelle und rechtliche Rahmenbedingungen begrenzen die Wirkung rein technologischer Lösungen.
Was kann NRW tun?
NRW hat u.a. im Förderprogramm Circular Cities.NRW erkannt, dass die Einbettung technologischer Lösungen in „neue Organisationsformen, Geschäftsmodelle, Kooperationen und technische und soziale Innovationen“[3] ein wichtiger Faktor für eine zirkuläre Wende ist. Mit dem Runden Tisch Zirkuläre Wertschöpfung NRW, initiiert durch die Ministerien für Umwelt, Naturschutz und Verkehr sowie für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie, wurde zudem eine wichtige Weiche Richtung mehr Kooperation zwischen allen beteiligten Akteuren gelegt. Über solche Ansätze hinaus wäre es nun wünschenswert, Aspekte wie rechtliche und kulturelle Rahmenbedingungen zusätzlich zu technologischen Lösungen in der neuen Landeskreislaufwirtschaftsstrategie zu verankern.
Autorin
Dr. Imke Schmidt,
Co-Leiterin des Forschungsbereichs Zirkulärer Wandel
Fußnoten
- Prakash, S. et al. (2023): Modell Deutschland Circular Economy. Modellierung und Folgenabschätzung einer Circular Economy in 9 Sektoren in Deutschland. Freiburg. Online unter: https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Unternehmen/WWF-Modell-Deutschland-Circular-Economy-Modellierung.pdf
- Sebis, G. (2023). Wettbewerbspolitik im Dienste der Nachhaltigkeit: Wie wird kartellrechtliche Regulatorik den Herausforderungen einer Kreislaufwirtschaft gerecht? Wuppertal Institut. Online unter: https://epub.wupperinst.org/frontdoor/deliver/index/docId/8502/file/8502_Wettbewerbspolitik.pdf
- https://www.in.nrw/massnahmen/circular-cities-nrw