Menschenbilder
„Menschen sind von sich aus fähig…“?
In der politischen Ideengeschichte wird von dem englischen Philosophen Thomas Hobbes etwas anderes erzählt.[1] Im „Naturzustand“, so führt er an, befänden sich alle Menschen im Krieg gegeneinander. Sie lebten in Furcht, stündlich gemordet und ihres Eigentums beraubt zu werden. Ohne einen starken, autoritären Staat (den Leviathan) sei ihr Leben armselig, kümmerlich und roh. Im Hobbesschen Menschenbild ist es somit Angst, die Menschen zum Frieden geneigt und bereit macht, ihre Selbstbestimmungsrechte an den Leviathan abtreten. Diese Hobbessche Idee aus dem siebzehnten Jahrhundert leuchtet bis heute und stets dann auf, wenn den Fähigkeiten von Menschen nicht vertraut und nach einer starken Macht gerufen wird.
Zweihundertfünfzig Jahre später bietet der russische Geograf Peter Kropotkin eine andere Konzeption.[2] Er findet, Charles Darwin habe die Geschichte der Evolution nur teilweise erzählt. Es mag das Prinzip des Überlebens des Stärkeren geben. Doch es gibt auch das Prinzip der gegenseitigen Hilfe in der Tier- und Menschenwelt. Diese Geschichte handelt von Kooperation und wechselseitiger Unterstützung. Auch in der Pflanzenwelt.
Der Philosophin Martha Nussbaum zufolge haben Menschen Fähigkeiten. Zu den menschlichen Grundfähigkeiten gehöre, in Verbundenheit mit Tieren, Pflanzen und der ganzen Natur zu leben und sie pfleglich zu behandeln. Diese menschlichen Fähigkeiten hätten ein Recht auf Entfaltung. Und Aufgabe von Politik sei es, diese Entfaltung zu ermöglichen.[3]
“Eine gute Waldpolitik ist Friedenspolitik“ [4]
Diesen Satz habe ich 2021 von Jörn Mothes gehört. Er hat mich so beeindruckt, dass ich bei einem späteren Treffen nachgefragt habe, was er damit meint und weshalb er das so sieht. Wald, so legt er dar, sei das Elementare, sei das, wo wir herkommen. Wald erinnere uns an das, was wirklich wichtig ist. Gute Waldpolitik gehe daher vom Elementaren aus, von Boden, von Wasser und von Luft. Bislang gelinge es politisch wie ökonomisch jedoch selten, zu den Elementen ein friedliches Verhältnis aufzubauen. Oft würden sie ausgebeutet, mit Schadstoffen belastet und damit teilweise zerstört. Doch wenn Menschen in der Lage und fähig seien, achtsam mit Natur umzugehen, so befähige sie dies auch zu einem friedlichen Zusammenleben und dazu, achtsam mit anderen Menschen zu sein.
Dieser ökologisch-soziale Zusammenhang wird auch im aktuellen Friedensgutachten angesprochen. Sozial-ökologische Transformation könne als Friedensprojekt angesehen werden; Konfliktbewältigung und Friedenspolitik könnten den Übergang in eine nachhaltige Welt fördern. Zu Frieden gehöre der „Frieden mit der Natur“. Jörn Mothes folgend wäre „Waldpolitik“ dann zugleich ein Indikator oder Seismograph für politische Friedensfähigkeit und Unfähigkeit.
Kriege führen zu weiteren Umweltzerstörungen und sie schwächen die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele. So kommt auch das aktuelle Friedensgutachten zu dem Schluss, dass die angesichts der krisenhaften Entwicklungen selbst in eine Krise geratenen Globalen Nachhaltigkeitsziele gestützt und gestärkt werden müssten.