Kreislaufstrategien für die Versorgungssicherheit und nachhaltige Nutzung kritischer Rohstoffe

Kreislaufstrategien für die Versorgungssicherheit und nachhaltige Nutzung kritischer Rohstoffe

Kritische Rohstoffe sind Schlüssel für Zukunftstechnologien im Feld der erneuerbaren Energien und Elektromobilität. Die EU setzt auf mehr Inlandsproduktion und verstärktes Recycling. NRW kann seine Wirtschaft durch Kreislaufstrategien nachhaltig stärken.

Foto von Roberto Sorin auf Unsplash

Die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen und deren Bedeutung ist in den letzten Jahren stark gestiegen, denn sie bilden die Grundlage für viele Zukunftstechnologien – insbesondere auch im Zusammenhang mit der Energiewende. Zum Beispiel sind Lithium-Batterien unverzichtbar für Elektroautos, Seltene Erden werden für die Herstellung von Dauermagneten in Windturbinen benötigt.

Entwicklungen auf EU-Ebene

Auf europäischer Ebene gibt es bereits seit der Rohstoffinitiative im Jahr 2008 [1] Bemühungen, die Frage um kritische Rohstoffe und ihre Versorgungssicherheit zu adressieren. Die Debatte gipfelte im März 2023 im Vorschlag des Critical Raw Materials Act durch die EU-Kommission [2], der klare, ganzheitliche Ziele vorgibt: Während zum einen die zunehmende Förderung und Verarbeitung von Rohstoffen in der EU forciert wird, sollen bis 2030 mindestens 15 % des Jahresverbrauchs der EU auch durch Recycling gedeckt werden. Die EU setzt damit erstmals ein messbares Ziel für die Umsetzung einer Kreislaufstrategie in Bezug auf alle kritischen Rohstoffe.

Rasanter Anstieg der Lithiumnachfrage

Die globale Produktion von Lithium hat sich in den letzten 10 Jahren mehr als verdreifacht [3]

Lithium wird hauptsächlich in Batterien verwendet. Durch den Ausbau der Elektromobilität der letzten Jahre ist die Nachfrage und damit die Produktion erheblich gestiegen. Es ist davon auszugehen, dass die Nachfrage auch in den nächsten Jahren weiter steigen wird.

Auswirkungen und Chancen in NRW

Als starkes Industrie- und Wirtschaftszentrum ist NRW besonders von kritischen Rohstoffen abhängig und ist direkt von der EU-Strategie betroffen. Branchen wie etwa die Chemie- und Elektroindustrie sowie die Metallverarbeitung sind von ihrer Verfügbarkeit abhängig. Die Reduzierung des Ressourceneinsatzes in der Produktion, die Verlängerung der Produktlebensdauer, die Wiederaufbereitung von End-of-Life Produkten sowie das Recycling von kritischen Rohstoffen – Kreislaufstrategien also – spielen in der Folge für die zukünftige Wirtschaftlichkeit dieser Sektoren eine wesentliche Rolle. Sie sind notwendig, um Industrien krisenfester und nachhaltiger zu gestalten [4]. Diese Aspekte sollten auch einen festen Platz in der Landeskreislaufwirtschaftsstrategie einnehmen, die in NRW aktuell erarbeitet wird.

Die Forschungs- und Innovationslandschaft in NRW bietet darüber hinaus vielversprechende Möglichkeiten, um neue Technologien, Recyclingverfahren und Substitutionslösungen zu entwickeln und somit die allgemeine Nachfrage nach kritischen Rohstoffen zu verringern. Dafür müssen Politik und Industrie jedoch eng zusammenarbeiten und einen gemeinsamen Fokus auf die Suche nach den nachhaltigsten Lösungen legen. 

Silvia Proff, Junoir Researcherin
im Forschungsbereich Kreislaufwirtschaft

 

Fußnoten

  1. Commission of the European Communities. (2008). Communication from the Commission to the European Parliament and the Council: The Raw Materials Initiative – Meeting Our Critical Needs for Growth and Jobs in Europe. Brussels. COM(2008) 699 final. https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2008:0699:FIN:en:PDF
  2. European Commission. (2023). Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council Establishing a Framework for Ensuring a Secure and Sustainable Supply of Critical Raw Materials and Amending Regulations (EU) 168/2013, (EU) 2018/858, 2018/1724 and (EU) 2019/1020. COM(2023) 160 final. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A52023PC0160.#Namen (#2021): „#Titel“, online unter: https://www.link.de/politik/deutschland/diesisteinlink (zuletzt aufgerufen am #.#.202#).
  3. U.S. Geological Survey. (1996-2023). Mineral Commodity Summaries 1996-2023. U.S. Geological Survey (U.S. Geological Survey, 1996-2023 [yearly publication]). https://www.usgs.gov/centers/national-minerals-information-center/mineral-commodity-summaries
  4. University of Cambridge Institute for Sustainability Leadership (CISL) and the Wuppertal Institute. (2023). Embracing circularity: A pathway for strengthening the Critical Raw Materials Act. Cambridge, UK: CLG Europe.
Steigende Energiepreise

Steigende Energiepreise

Die Politik muss Maßnahmen ergreifen um die langfristige Vulnerabilität von Haushalten gegenüber steigenden Energiekosten zu reduzieren und die Wärme- und Verkehrswende vorantreiben.

Diagramm: Entwicklung der Erdgaspreise (Neuverträge) in Cent/kWh für Haushalte in Mehrfamilienhäusern in Deutschland, Daten auf Basis der BDEW-Gaspreisanalysen

Eigene Darstellung basierend auf den Zahlen der BDEW-Gaspreisanalyse Januar 2022

Die steigenden Energiepreise machen den Bürger*innen, der Politik und der Wirtschaft bereits seit Monaten Sorgen. Der Krieg in der Ukraine und die nun deutlich hervortretende Abhängigkeit von fossilen Energieimporten verschärfen diese Sorgen weiterhin. Es sind insbesondere armutsgefährdete und arme Haushalte, für die steigende Treibstoff-, Heiz- und Stromkosten eine erhebliche Belastung darstellen. Bereits 2019 waren z. B. 48,3 % der armutsgefährdeten und 8 % der nicht-armutsgefährdeten Haushalte durch ihre Wohnkosten überbelastet.[1]

Politische Sofortmaßnahmen, wie das kürzlich von der Bundesregierung beschlossene Entlastungspaket [2] sowie der bereits Anfang Februar beschlossene Heizkostenzuschuss [3] können wichtige, kurzfristige Wirkungen entfalten. Aber sie reduzieren die mittel- und langfristige Vulnerabilität von Haushalten nicht. Vielmehr müssen die Wärmewende [4] und Verkehrswende [5] strukturell beschleunigt werden, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und -importen zu reduzieren und den Klimaschutz voran zu treiben. Gerade weil sich durch die aktuelle, geopolitische Situation kurzfristig negative Effekte von Energieversorgungsmaßnahmen auf die Energiewende und den Klimaschutz wahrscheinlich nicht verhindern lassen, müssen diese mittelfristig „durch ein höheres Dekarbonisierungstempo durch den Ausbau erneuerbarer Energien“ ausgeglichen werden.[6]

Die Landesregierung NRW könnte ergänzend zu den bundespolitischen Maßnahmen in Bezug auf verhaltensbezogene Einsparungspotenziale tätig werden. Vereinzelt werden entsprechende Maßnahmen derzeit bereits diskutiert, so z. B. die Reduzierung von Heiztemperaturen. Die Landesregierung könnte die Bürger*innen bei der Anwendung solche Maßnahmen durch niedrigschwellige Informationen und konkrete Alltagsempfehlungen unterstützen. Darüber hinaus kann sie ihr eigenes Instrumentarium hinsichtlich der Schaffung von Anreizstrukturen für suffizientes Verhalten prüfen.

Michaela Roelfes, Senior Researcherin
im Forschungsbereich Stadtwandel

Fußnoten

  1. Statistisches Bundesamt (2021): Nachhaltige Entwicklung in Deutschland. Daten zum Indikatorenbericht 2021, online unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Nachhaltigkeitsindikatoren/Publikationen/Downloads-Nachhaltigkeit/ indikatoren-5850013219004.pdf;jsessionid=91979B6B95FDDBB2F623206D0D85A7DC.live741?__blob=publicationFile (zuletzt aufgerufen am 21.12.2021)
  2. Bundesministerium der Finanzen (2022): Schnelle und spürbare Entlastungen. Pressemitteilung, online unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Entlastungen/schnelle-spuerbare-entlastungen.html (zuletzt aufgerufen am 30.03.2022).
  3. Bundesregierung (2022): Höherer Heizkostenzuschuss beschlossen, online unter: https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/heizkostenzuschuss-2002324 (zuletzt aufgerufen am 30.03.2022)
  4. Thomas, Stefan et al. (2022): Heizen ohne Öl und Gas bis 2035. Ein Sofortprogramm für erneuerbare Wärme und effiziente Gebäude, online unter: https://www.greenpeace.de/publikationen/Heizen%20ohne%20Öl%20und%20Gas%20bis%202035.pdf (zuletzt aufgerufen am 30.03.2022).
  5. Koska, Thorsten et al. (2021): Klimapaket Autoverkehr. Mit welchen Maßnahmen der PKW-Verkehr in Deutschland auf Klimakurs kommt, online unter: https://www.greenpeace.de/publikationen/20210816_gpd_klimapaket.pdf (zuletzt aufgerufen am 30.03.2022)
  6. Fischedick, Manfred (2022): Energieversorgungsrisiken, Energiepreiskrise, Klimaschutzherausforderung. Wie sieht die Energieversorgung von morgen aus?, online unter: https://wupperinst.org/a/wi/a/s/ad/7665 (zuletzt aufgerufen am 30.03.2022).